Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Mandanteninformationen für GmbH-GF/-Gesellschafter Mai 2019


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Inhalt

1.

Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit ist zulässig

2.

Vergütungsstufe: Was gilt als einschlägige Berufserfahrung?

3.

Rückwirkende Rentengewährung: Wann muss versteuert werden?

4.

Wie ist die Gewährung eines zinslosen und mit einer Lebensversicherung besicherten Darlehens an den Ehegatten zu beurteilen?

5.

Gewerbesteuer: Unter welchen Voraussetzungen wird die erweiterte Kürzung angewendet?

6.

Abzinsung von Verbindlichkeiten: Ist der Zinssatz verfassungsgemäß?

7.

Welche Kosten sind einem Unfall und Umzug mit beruflichem Zusammenhang absetzbar?

8.

Zur erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen

9.

Bauleistungen: Wann zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann

10.

Ist ein Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Beteiligten zulässig?

11.

Was bedeutet der Begriff "einander nahe stehende Personen" in Bezug auf die Abgeltungsteuer?

12.

Miteigentümer verauslagt Versicherungsprämie: Von wem kann er Erstattung verlangen?

13.

Gemeinschaftsunterkunft: Wohnnutzung oder sonstige Nutzung?

14.

Verzögerte oder mangelhafte Sanierung: Haftet dafür die Wohnungseigentümergemeinschaft?

15.

Atembeschwerden durch Tonerstaub ist keine berufsbedingte Erkrankung



1. Kürzung des Urlaubs wegen Elternzeit ist zulässig

Arbeitgeber dürfen Arbeitnehmern, die von der Elternzeit Gebrauch machen, den Urlaubsanspruch kürzen. Das Bundesarbeitsgericht segnete jetzt diese Vorgehensweise ab und präzisierte die genauen Voraussetzungen.

Hintergrund

Eine Arbeitnehmerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis zum 30.6.2016. Von Januar 2013 bis Dezember 2015 befand sie sich durchgehend in Elternzeit. Mit der Kündigung beantragte sie Urlaub für den Zeitraum der Kündigungsfrist. Dabei sollten die während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche einbezogen werden. Der Arbeitgeber erteilte ihr zwar Urlaub, berücksichtigte jedoch nicht den auf die Elternzeit entfallenden Urlaub. Die Arbeitnehmerin verlangte mit ihrer Klage, dass die 89,5 Urlaubstage aus dem Zeitraum ihrer Elternzeit abgegolten werden.

Entscheidung

Die Klage der Arbeitnehmerin hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht war der Ansicht, dass der Arbeitgeber zu Recht die Urlaubsansprüche der Arbeitnehmerin aus den Jahren 2013 bis 2015 gekürzt hatte. Das gesetzlich geregelte Kürzungsrecht besagt, dass der Urlaub für jeden vollen Kalendermonat, in dem sich ein Arbeitnehmer in Elternzeit befand, um ein Zwölftel gekürzt werden darf.

Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber kürzen darf, ist die Abgabe einer darauf gerichteten empfangsbedürftigen rechtsgeschäftlichen Erklärung. Der Arbeitgeber muss also für den Arbeitnehmer erkennbar erklären, dass er den Urlaub in der Elternzeit kürzen möchte. Im vorliegenden Fall genügte dem Gericht das Schreiben, in dem der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin Urlaub erteilte, die Gewährung des auf die Elternzeit entfallenden Urlaubs jedoch ablehnte.

Darüber hinaus stellten die Richter fest, dass das Kürzungsrecht des Arbeitgebers nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch den vertraglichen Mehrurlaub erfasst. Das gilt jedoch nur, soweit die Arbeitsvertragsparteien keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Regelung für diesen vereinbart haben.

Schließlich verwies das Gericht noch auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der die Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs nicht gegen europäisches Recht verstößt. Denn das Unionsrecht verlangt nicht, dass Arbeitnehmer, die wegen Elternzeit im Bezugszeitraum nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet waren, Arbeitnehmern, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben, gleichgestellt werden müssen.

2. Vergütungsstufe: Was gilt als einschlägige Berufserfahrung?

Wer eine einschlägige Berufserfahrung vorweisen kann, wird in eine höhere Tarifstufe eingeordnet. Ob dies ein Arbeitnehmer, der als Arbeitsvermittler tätig ist, aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Handelsvertreter für Küchengeräte verlangen kann, musste das Bundesarbeitsgericht entscheiden.

Hintergrund

Der Kläger war als Arbeitnehmer bei der Bundesagentur für Arbeit als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben tätig. Vom Arbeitgeber forderte er eine höhere tarifvertragliche Einstufung. Denn durch seine vorherige Tätigkeit erwarb er einschlägige Berufserfahrung, die ihm angerechnet werden muss. Der Arbeitnehmer war zuvor selbstständiger Handelsvertreter für Produkte zur Ausstattung von Großküchen wie Spülmaschinen oder Wasseraufbereitungsanlagen. Seine Vertriebserfahrung nutzte er nach eigenen Angaben für seine neue Tätigkeit, da er Arbeitgeber betreute und von diesen freie Stellen akquirierte. Der Arbeitgeber lehnte die Anerkennung einschlägiger Berufserfahrung jedoch ab, da der Aufgabeninhalt der Tätigkeiten nicht vergleichbar war.

Entscheidung

Der Kläger hatte mit seinem Begehren vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Es entschied, dass die Erfahrung des ehemaligen Handelsvertreters im Vertrieb von Küchengeräten nicht als einschlägige Berufserfahrung für die Tätigkeit als Arbeitsvermittler anzusehen ist. Die Zielsetzung und die fachlichen Anforderungen entsprachen nicht einer Tätigkeit als Arbeitsvermittler, der geeignete Stellen für Arbeitssuchende akquiriert. Dies galt erst recht bezogen auf das gesamte Aufgabenspektrum der Arbeitsvermittlung. Eine Einstufung in eine höhere Vergütungsstufe kam deshalb nicht in Betracht.

3. Rückwirkende Rentengewährung: Wann muss versteuert werden?

Wird eine Erwerbsminderungsrente rückwirkend gewährt, stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt diese versteuert werden muss. Und was passiert, wenn wegen dieser Rente bereits gezahltes Krankentagegeld aus dem Vorjahr zurückgefordert wird? Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich in einem Fall mit diesen Fragen beschäftigt.

Hintergrund

Die Klägerin wurde wegen einer chronischen Krankheit im Jahr 2014 von ihrer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung rückwirkend zum 1.2.2013 als berufsunfähig eingestuft. Die Versicherung zahlte ihr daraufhin im Jahr 2014 eine Rente für das Jahr 2013 in Höhe von 21.283 EUR nach. Die private Krankenversicherung, die der Frau im Jahr 2013 zunächst unter Vorbehalt Krankentagegeld gezahlt hatte, forderte diese Leistung wegen der rückwirkenden Rentengewährung zurück. Die Klägerin zahlte der Krankenversicherung einen Betrag in Höhe von 21.245 EUR. Das Finanzamt besteuerte die Rentennachzahlung im Veranlagungszeitraum 2014 als sonstige Einkünfte. Die Klägerin verlangte jedoch, dass die Besteuerung im Jahr 2013 vorgenommen wird. Denn ihrer Ansicht nach war die Rentennachzahlung schon im Jahr 2013 in Form des Krankentagegeldes zugeflossen. Die Rente war zwar erst im Jahr 2014 ausgezahlt worden, in fast gleicher Höhe leistete sie aber eine Rückzahlung.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied zuungunsten der Klägerin, dass das Finanzamt den Rentennachzahlungsbetrag zu Recht im Jahr 2014 besteuerte. Denn der Betrag der Klägerin floss in diesem Jahr durch Gutschrift auf dem Konto zu. Der Zuflusszeitpunkt wird durch die im Jahr 2014 erfolgte Rückzahlung des im Jahr 2013 gewährten Krankentagegelds nicht nach 2013 vorverlegt. Die Klägerin konnte im Jahr 2014 tatsächlich über die Rentennachzahlung verfügen. Daran änderte auch die Verpflichtung zur Rückzahlung eines ähnlich hohen Geldbetrags an die Krankenversicherung nichts. Sowohl die Rentennachzahlung als auch die Krankentagegeldrückzahlung hatten einen eigenen Rechtsgrund.

4. Wie ist die Gewährung eines zinslosen und mit einer Lebensversicherung besicherten Darlehens an den Ehegatten zu beurteilen?

Gewährt ein Ehepartner dem anderen ein zinsloses Darlehen, das mit einer Lebensversicherung besichert ist, führt dies nicht zu einer steuerschädlichen Verwendung. Die Ehepartner müssen also keine Steuerpflicht der Zinsen aus den Sparanteilen der Lebensversicherung befürchten.

Hintergrund

Der Kläger schloss im Jahr 1987 bei einer Versicherung eine Alters- und Berufsunfähigkeitsrente mit Kapitalwahlrecht (Rentenversicherung) ab. Am 30.1.2008 nahm er bei einer Bank ein Darlehen über 200.000 EUR auf. Seine Ansprüche aus der Rentenversicherung trat er zur Sicherheit an die Bank ab. Die Darlehensvaluta stellte der Kläger seiner Ehefrau zinslos als Darlehen zur Verfügung. Die Bank zeigte dem Finanzamt die Sicherungsabtretung der Rentenversicherung an.

Das Finanzamt stellte durch Bescheid vom 17.8.2011 fest, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu der Rentenversicherung enthaltenen Sparanteilen im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung insgesamt einkommensteuerpflichtig sind. Das Darlehen war seiner Meinung nach steuerschädlich zum Erwerb einer Forderung verwendet worden.

Entscheidung

Die Revision des Klägers war erfolgreich. Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Bescheid des Finanzamts rechtswidrig und daher aufzuheben war.

Das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt stellt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert fest, wenn für Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt sind. Die abgeschlossene Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht stellt zwar eine Versicherung dar, die während ihrer Dauer im Erlebensfall der Sicherung eines Darlehens dient. Die Finanzierungskosten des gesicherten Darlehens waren jedoch keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten.

Steuerschädlich sind Finanzierungskosten, die ihrer Art nach Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Steuerschädlich kann aber auch die Verwendung der Versicherung durch und für Dritte sein. Nicht notwendig ist, dass die Betriebsausgaben oder Werbungskosten tatsächlich geltend gemacht werden und sich steuerlich auswirken.

Nicht steuerschädlich sind aber Darlehen, deren Finanzierungskosten unter keinen Umständen zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben führen können. Dazu gehören Finanzierungen, die von vornherein außerhalb der steuerlichen Einkunftsarten stehen, also insbesondere der Finanzierung von Privatausgaben dienen.

So lag der Fall hier. Der Kläger hat aus privaten Motiven seiner Ehefrau unentgeltlich ein Darlehen gewährt. Mangels angestrebter Einnahmen lag insoweit von vornherein keine einkommensteuerbare Tätigkeit des Klägers vor. Seine Refinanzierungskosten stellten unter keinen Umständen Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Rahmen einer Einkunftsart, sondern Kosten der privaten Lebensführung dar. Er hat die Rentenversicherung daher nicht steuerschädlich zur Sicherung eines Darlehens, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind, verwendet.

5. Gewerbesteuer: Unter welchen Voraussetzungen wird die erweiterte Kürzung angewendet?

Unterliegt eine grundstücksverwaltende Gesellschaft nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer, ist ihr die sog. erweiterte Kürzung nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.

Hintergrund

Die Geschäftstätigkeit der klagenden GmbH & Co. KG beschränkte sich auf das Halten einer Beteiligung an einer GbR, deren Vermögen ausschließlich aus Immobilen bestand. Verwaltet wurden die Immobilien von einer Hausverwaltungs-GmbH. In den Jahren 2007 bis 2011 bezog die KG neben ihren Anteilen am Gewinn der GbR in geringem Umfang Zinseinnahmen.

Mit ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre 2007 bis 2011 machte die Klägerin die erweiterte Kürzung geltend. Das Finanzamt versagte der KG die erweiterte Kürzung. Seiner Meinung nach war das Halten der Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft nicht begünstigt.

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die erweiterte Kürzung zu Unrecht versagt hatte, da die Klägerin eigenen Grundbesitz verwaltete. Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs wollte die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigen und die Revision des Finanzamts zurückweisen. Darin hätte jedoch eine Abweichung von der Rechtsprechung des I. Senats gelegen. Nachdem der I. Senat einer Abweichung nicht zugestimmt hat, war die Anrufung des Großen Senats geboten.

Entscheidung

Auf Antrag wird bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, angewendet (sog. erweiterte Kürzung).

Ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach Ansicht des Großen Senats auch dann, wenn eine Beteiligung an einer grundstücksverwaltenden nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft gehalten wird. Denn der zivilrechtlich im Eigentum der rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehende Grundbesitz ist ihrer Gesellschafterin, der gewerblich geprägten Personengesellschaft, anteilig als deren Betriebsvermögen zuzurechnen und stellt in diesem Umfang zugleich "eigenen Grundbesitz" der gewerblich geprägten Personengesellschaft dar.

Wenn der Grundbesitz der rein vermögensverwaltenden GbR der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, verwaltet und nutzt die gewerblich geprägte Personengesellschaft als deren Gesellschafterin diesen anteilig als eigenen.

Der Große Senat kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass eigener Grundbesitz der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz ist. Denn die Begriffe "eigener Grundbesitz" und "zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörender Grundbesitz" sind im Hinblick auf die ertragsteuerrechtliche Zurechnung des Grundbesitzes bedeutungsgleich.

6. Abzinsung von Verbindlichkeiten: Ist der Zinssatz verfassungsgemäß?

In den Steuergesetzen sind einige Zinssätze typisierend festgelegt. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase wird die Kritik daran immer lauter. Jetzt hat wieder ein Finanzgericht ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Zinssatzes. Diesmal geht es um die Abzinsung von Verbindlichkeiten, für die 5,5 % Zinsen fällig werden.

Hintergrund

Die Antragstellerin ist eine GmbH. Nach einer Außenprüfung erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide. Diesen legte es einen erhöhten Gewinn zugrunde, da die unverzinslichen Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % abgezinst wurden. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Das Finanzamt lehnte dies ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abzinsung mit Blick auf den typisierenden Zinssatz von 5,5 % bestehen. Der Antrag hatte deshalb in der Sache Erfolg.

Angesichts einer anhaltenden Niedrigzinsphase mehren sich seit einiger Zeit die verfassungsrechtlichen Zweifel an der Höhe der in den Steuergesetzen festgelegten Zinssätzen von 6 % bzw. 5,5 %. Beim Bundesverfassungsgericht sind hierzu verschiedene Verfahren anhängig. Der Bundesfinanzhof gewährte bereits wegen verfassungsrechtlicher Zweifel gegen einen Zinssatz Aussetzung der Vollziehung. In seiner Entscheidung stellte er fest, dass der Zinssatz den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität in erheblichem Maße überschreitet.

Zwischenzeitlich hat der Abzinsungssatz mit 5,5 % keinen Bezug mehr zum langfristigen Marktzinsniveau. So liegt der Leitzins der Europäischen Zentralbank seit 6 Jahren unter 1 %. Durch das gesetzliche Abzinsungsgebot ist der Steuerpflichtige gezwungen, nicht realisierte Gewinne auszuweisen. Dies führt zu Zweifeln an der verfassungsrechtlichen Rechtmäßigkeit. Das Gericht hielt es deshalb für gerechtfertigt, die Vollziehung der Bescheide im vorliegenden Fall auszusetzen.

7. Welche Kosten sind einem Unfall und Umzug mit beruflichem Zusammenhang absetzbar?

Umzugskosten, Handwerkerleistungen, Unfallfolgekosten – in einem aktuellen Fall des Finanzgerichts Sachsen gab es so einige interessante Rechtsfragen. Zwar bestand durchaus ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, doch trotzdem konnte nicht alles abgesetzt werden.

Hintergrund

Dem Kläger entstanden durch einen beruflich veranlassten Umzug aufgrund einer neuen Beschäftigung diverse Kosten. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen in Höhe der Beträge an, die nach dem Bundesumzugskostengesetz höchstens gezahlt werden. Die Kosten für 12 Taxisfahrten zur Wohnungsbesichtigung strich es jedoch.

Darüber hinaus hatte der Kläger im Zusammenhang mit dem berufsbedingten Umzug Handwerkerkosten. Denn aus der bisherigen Wohnung mussten Elektrogeräte entfernt werden. Die Ausgaben waren nach Meinung des Klägers entweder als Werbungskosten im Zusammenhang mit dem berufsbedingten Umzug oder als Handwerksleistungen abzugsfähig. Das Finanzamt akzeptierte jedoch weder den Abzug als Werbungskosten noch als Handwerkerleistungen.

Weiterhin machte der Kläger Unfallfolgekosten für einen auf dem Weg zur Arbeit erlittenen Unfall geltend, insbesondere Aufwendungen für Medizin, für Taxifahrten zur Uniklinik, zum Orthopäden und zur Physiotherapie. Nach Auffassung des Finanzamts stellten diese Unfallfolgekosten jedoch keine Werbungskosten dar.

Entscheidung

Die Klage war zum größten Teil erfolgreich.

Zum einen erkannte das Finanzgericht die Fahrten mit dem Taxi zur Besichtigung von Wohnungen als Werbungskosten an, da sie durch den Umzug und damit durch den Beruf veranlasst waren. Das Gericht stellte insbesondere fest, dass das öffentliche Umzugskostenrecht zwar Leitlinie sein kann, den Werbungskostenabzug aber nicht begründet und auch nicht beschränkt. Die Kosten können zwar nach den Vorschriften des Bundesumzugskostengesetzes geltend gemacht werden. Es steht dem Steuerpflichtigen jedoch offen, ihm entstandene höhere Werbungskosten nachzuweisen. Dies hatte der Kläger getan.

Zum anderen entschied das Finanzgericht hinsichtlich der Kosten im Zusammenhang mit der Entsorgung der Elektrogeräte, dass diese teilweise als Handwerkerleistungen begünstigt waren. Hat der Steuerpflichtige seinen Haushalt durch Umzug in eine andere Wohnung oder ein anderes Haus verlegt, gelten Maßnahmen zur Beseitigung der durch die bisherige Haushaltsführung veranlassten Abnutzung (z. B. Renovierungsarbeiten eines ausziehenden Mieters) noch als im Haushalt erbracht. Da die Arbeitsleistung nur teilweise im Haushalt erfolgte, schätzte das Finanzgericht den außerhalb des Haushalts erbrachten Anteil auf 50 %.

Die Krankheitskosten im Zusammenhang mit dem beruflichen Anteil erkannte das Finanzgericht dagegen nicht an. Mit der Entfernungspauschale sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst sind. Das Wort "sämtliche" im Gesetz ist insoweit eindeutig, sodass außergewöhnliche Wegekosten unter die Abgeltungswirkung fallen.

8. Zur erbschaftsteuerlichen Bewertung von Gesellschaftsanteilen

Wie sind Anteile einer Kapitalgesellschaft zu bewerten, wenn die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Finanzgericht Düsseldorf.

Hintergrund

Der Erblasser war Gesellschafter der A-GmbH, die insbesondere Kapitalvermögen für fremde Rechnung verwaltete. Weitere Gesellschafter und auch Geschäftsführer waren B und C. Die Verteilung des auszuschüttenden Gewinns erfolgte grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile. Die Gesellschafter konnten aber einstimmig auch eine abweichende Gewinnverteilung beschließen. So beschlossen die Gesellschafter z. B. für C einen Sondergewinnanteil wegen besonderer Leistungen und für B einen Sondergewinnanteil aus dem anteiligen Jahresüberschuss.

B verstarb. Der Erblasser wurde von seiner Ehefrau, der Klägerin, beerbt.

Nach einer Außenprüfung stellte das beklagte Finanzamt mit einem gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheid den Wert der A-GmbH fest. Dabei wurde das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie war der Ansicht, dass die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führte. Denn der von ihr erworbene Geschäftsanteil war nicht frei am Markt zu veräußern. Der unerwartete und plötzliche Tod des Geschäftsführers B hatte die A-GmbH in große Schwierigkeiten gebracht, die Nachfolge blieb ungeklärt. Der Sohn des B versuchte vergeblich, den von ihm geerbten Geschäftsanteil zu veräußern.

Entscheidung

Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg. Zum einen entschied das Finanzgericht, dass das beklagte Finanzamt den Wert des Anteils des Erblassers an der A-GmbH zu Recht unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft ermittelte. An der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens hatte das Gericht nichts auszusetzen. Zum anderen urteilten jedoch die Richter, dass bei der Bewertung die den Gesellschaftern auf Grund der Gesellschafterbeschlüsse zustehenden Sondergewinnbezugsrechte zu berücksichtigen waren. Dies führte nämlich zu einem geringeren Wert des Anteils.

9. Bauleistungen: Wann zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer erstattet werden kann

Geht ein Bauträger fälschlicherweise davon aus, dass er der als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen ist, kann er das Entfallen der unzutreffenden Besteuerung geltend machen, ohne dass dafür weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

Hintergrund

M war selbstständiger Malermeister und vermietet daneben Wohnungen, die in seinem Alleineigentum standen. Für diese ließ er Instandhaltungsarbeiten durchführen. Dabei ging er zu Unrecht davon aus, dass er für diese Leistungen Steuerschuldner nach § 13b UstG war. Nachdem das Finanzamt nach einer Außenprüfung Änderungsbescheide erlassen hatte, in denen die von M angemeldete Umsatzsteuer weiterhin enthalten war, erhob M dagegen Einspruch. Er beantragte die Herabsetzung der Umsatzsteuer um die nach § 13b UStG abgeführten Beträge. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Das Finanzgericht gab der Klage des M dagegen statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg. Dieser entschied, dass der Änderung der angefochtenen Umsatzsteuer-Bescheide insbesondere nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstand.

Geht ein Bauträger rechtsirrig davon aus, dass er als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen ist, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben konnte das Gericht auch nicht in einer treuwidrigen Ausnutzung eines sog. "windfall profits", also eines steuerrechtlichen Zufallsgewinns, erkennen. Im vorliegenden Fall hätte es nämlich gar nicht zu einem solchen "windfall profit" kommen können. Denn sind wie im vorliegenden Fall Bauunternehmer und Leistungsempfänger beim Abschluss und bei der Durchführung des Bauvertrags übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers ausgegangen und hat der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, hat der Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung einen Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags, wenn der Bauträger die Erstattung der Umsatzsteuer verlangt und deshalb der Bauunternehmer befürchten muss, zur Zahlung der Umsatzsteuer herangezogen zu werden. Dieser Anspruch ist abtretbar und eine eventuelle Abtretung muss das Finanzamt annehmen.

10. Ist ein Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Beteiligten zulässig?

Auskunftsersuchen an Dritte zwecks Ermittlung der Lieferkette, um die Einkaufspreise des Beteiligten zu prüfen, sind ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung bei diesem nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig. Das gilt insbesondere dann, wenn von vornherein feststeht, dass die Mitwirkung des Beteiligten erfolglos sein wird, weil ihm nach eigenen Angaben die gesamte Lieferkette nicht bekannt ist.

Hintergrund

Der Kläger betrieb als Einzelunternehmer einen Handel mit Kraftfahrzeugen, insbesondere mit Gebrauchtwagen. Im Rahmen einer Außenprüfung führte die Prüferin mehrere Anfragen beim Kraftfahrt-Bundesamt hinsichtlich der vom Kläger im Prüfungszeitraum angekauften Fahrzeuge durch. Dabei stellte sich heraus, dass in einer Reihe von Fällen die Verkäufer der Fahrzeuge nicht mit dem letzten Halter dieser Fahrzeuge identisch waren. Anhand der durch den Kläger vorgelegten Unterlagen konnte die Prüferin die Bewegungen der fraglichen Fahrzeuge in der Kette zwischen dem letzten Fahrzeughalter laut Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes und dem Kläger nicht nachvollziehen. Die Fahrzeugbriefe hatte der Kläger beim Weiterverkauf der Fahrzeuge ausgehändigt.

Diese Umsätze hielt die Prüferin für auffällig und richtete deshalb Auskunftsersuchen in 21 Fällen an den vom Kraftfahrt-Bundesamt benannten jeweiligen Fahrzeughalter. Aufgrund dieses Ersuchens sollten die Halter jeweils mitteilen, an wen sie das Fahrzeug verkauft haben und zu welchem Preis. Gegen die Auskunftsersuchen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Auskunftsersuchen ermessensfehlerfrei und rechtmäßig waren.

Zur Begründung führten die Richter aus: Für die Auskunftsersuchen bestand ein konkreter Anlass. Ein solcher liegt nicht erst vor, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass es zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Es genügt vielmehr, dass aufgrund konkreter Umstände oder allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist und dieses zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen könnte. Die Anforderungen an eine solche Prognoseentscheidung dürfen allerdings nicht zu hoch angesetzt werden.

Im vorliegenden Fall bestand ein solcher Anlass, weil der Kläger in einer Reihe von Fällen die Fahrzeuge nicht vom letzten Halter, sondern von nicht als Fahrzeughalter registrierten Zwischenhändlern erworben hatte. Dadurch könnte versucht worden sein, die eigenen Gestehungskosten für verkaufte Waren künstlich zu erhöhen, um so den Gewinn zu reduzieren.

Darüber hinaus war davon auszugehen, dass die Mitwirkung des Klägers erfolglos bleiben würde. Denn der Kläger konnte zu der Frage, von wem und zu welchen Konditionen die Zwischenhändler ihrerseits das Fahrzeug erworben hatten bzw. an wen und zu welchen Konditionen die letzten Halter ihr Fahrzeug am Beginn der Lieferkette veräußert haben, von vornherein keine Angaben machen, weil er in diese Transaktionen nicht involviert war. Das Finanzamt konnte deshalb die streitigen Auskunftsersuchen ohne vorherige Befragung des Klägers an die Dritten richten.

11. Was bedeutet der Begriff "einander nahe stehende Personen" in Bezug auf die Abgeltungsteuer?

Anders als z. B. bei der verdeckten Gewinnausschüttung sind bei der Abgeltungsteuer Vater und Sohn im Regelfall nicht als "einander nahe stehende Personen" anzusehen.

Hintergrund

Der Vater war Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer GmbH. Der Sohn hatte sich im Jahr 2001 mit einem Anteil von 20% als typisch stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt und war gleichzeitig als leitender Angestellter für die GmbH tätig. Mit gleichlautenden Verträgen hatte sich ein Familienfremder als typisch stiller Gesellschafter an der GmbH beteiligt und war ebenfalls als leitender Angestellter beschäftigt.

Das Finanzamt unterwarf die Gewinnanteile des Sohnes als typisch stiller Gesellschafter dem normalen Steuertarif anstelle der Abgeltungsteuer, nicht aber die Gewinnanteile des familienfremden stillen Gesellschafters. Es war der Meinung, dass der Sohn als eine nahe stehende Person im Verhältnis zu seinem Vater und deshalb der GmbH anzusehen war. Die Anwendung der Abgeltungsteuer war deshalb ausgeschlossen.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs der Begriff der nahe stehenden Person im Sinne der Abgeltungsteuer eng auszulegen war. Dies ergab sich insbesondere aus der Gesetzesbegründung. Ein Näheverhältnis war bei der Abgeltungsteuer nur in den Fällen einer Beherrschung bzw. eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses anzunehmen. Allein die familiären Beziehungen zwischen Vater und Sohn konnten ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis nicht begründen. Deshalb sei der Begriff der nahe stehenden Person für die Abgeltungsteuer anders zu verstehen als bei der Insolvenzordnung und der verdeckten Gewinnausschüttungen.

12. Miteigentümer verauslagt Versicherungsprämie: Von wem kann er Erstattung verlangen?

Legt ein Miteigentümer die Versicherungsprämie für einen anderen Eigentümer aus, damit der Versicherungsschutz für das Gebäude nicht erlischt, kann er nicht von einzelnen Eigentümern die Erstattung verlangen. Dafür steht allein die Wohnungseigentümergemeinschaft ein.

Hintergrund

Die Wohnungseigentümergemeinschaft bestand aus 2 Eigentümern. Der Kläger war Inhaber eines Miteigentumsanteils von 8/100, verbunden mit dem Sondereigentum an der Dachgeschosswohnung. Die übrigen 92/100 Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum der weiteren Wohnungs- und Teileigentumseinheiten, werden von einer GbR gehalten.

Nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft eine fällige Versicherungsprämie für die Haus- und Gebäudeversicherung sowie die Gebäudehaftpflichtversicherung nicht gezahlt hatte, zahlte der Kläger die ausstehenden Prämien, um ein Erlöschen des Versicherungsschutzes zu verhindern. Der Kläger verlangte von den Gesellschaftern der GbR gemäß deren Miteigentumsanteil die Erstattung von 92 % der verauslagten Versicherungsprämien.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab und entschied, dass es für den geltend gemachten Zahlungsanspruch gegen die Gesellschafter der anderen Miteigentümerin keine Anspruchsgrundlage gab.

Tilgt ein Wohnungseigentümer Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft, kann er von der Gemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Jedoch gibt es grundsätzlich keinen Erstattungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, weil der tilgende Eigentümer für den Verband tätig wird, der Schuldner der Verbindlichkeit ist, und nicht für die übrigen Wohnungseigentümer.

Die anderen Wohnungseigentümer schulden auch keine Erstattung aus Bereicherungsrecht unter dem Gesichtspunkt einer Befreiung von ihrer anteiligen Haftung. Denn die Zahlungen sind auf Verbindlichkeiten des Verbandes erfolgt, sodass ein Bereicherungsausgleich in diesem Verhältnis erfolgen müsste.

Zwar haftet jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind. Daraus konnte der Kläger aber keinen Ersatzanspruch herleiten.

Vorliegend hatte der Kläger Verbindlichkeiten des Verbandes getilgt. Ein Durchgriff des Klägers gegen die anderen Eigentümer kam aber bei dieser sog. Sozialverbindlichkeit nicht in Betracht. Das gilt auch dann, wenn das Verbandsvermögen nicht ausreicht, den Aufwendungsersatzanspruch des leistenden Wohnungseigentümers zu erfüllen. In einem solchen Fall muss der Wohnungseigentümer eine entsprechende Beschlussfassung des Verbandes herbeiführen. Wenn ein Beschluss nicht zustande kommt, kann der Eigentümer Beschlussersetzungsklage erheben.

Alles in allem scheidet daher eine Haftung der GbR und damit auch der Gesellschafter für die vom anderen Eigentümer verauslagten Versicherungsbeiträge aus.

13. Gemeinschaftsunterkunft: Wohnnutzung oder sonstige Nutzung?

Werden wohnungslose Personen in einer Gemeinschaftsunterkunft tageweise untergebracht, handelt es sich dabei in der Regel nicht um eine Nutzung zu Wohnzwecken. Vielmehr liegt eine heimähnliche Unterbringung vor, die grundsätzlich in Teileigentumseinheiten erfolgen kann.

Hintergrund

In einer Wohnungseigentumsanlage betrieb eine gewerbliche Mieterin mehrerer Teileigentumseinheiten eine Einrichtung zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. In der Teilungserklärung waren die Teileigentumseinheiten als "Laden" bezeichnet. Hier wurden Obdachlose tageweise untergebracht und betreut. In der Regel teilten sich 2 Personen einen Raum. Die Räume waren nicht abschließbar und konnten von Mitarbeitern der Einrichtung jederzeit betreten werden. Küche, Toilette und Bad waren als Gemeinschaftseinrichtung ausgerichtet. Gelegentlich wurde Obdachlosen vorübergehend für einen längeren Zeitraum Unterkunft gewährt.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte vom Eigentümer der Teileigentumseinheiten, deren Nutzung zur Unterbringung von Obdachlosen zu unterlassen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass vorliegend kein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung zur Unterbringung von Obdachlosen bestand.

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Nutzung der Teileigentumseinheiten als Einrichtung zur tageweisen Unterbringung von Obdachlosen keine Wohnnutzung darstellte, da eine Nutzung als Heim oder heimähnliche Einrichtung nicht zu Wohnzwecken dient.

Eine solche Nutzung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt. Dies war bei der Nutzung für eine tageweise Unterbringung wohnungsloser Personen in einer Gemeinschaftsunterkunft der Fall. Die Anzahl und Fluktuation der untergebrachten Personen machten eine heimtypische Organisationsstruktur erforderlich. Die Bewohner konnten ihre Haushaltsführung nicht selbst gestalten, selbst wenn einzelne Personen länger untergebracht wurden. So mussten Zimmer und Betten zugewiesen werden und es gab Verhaltensregeln, etwa für die Nutzung der gemeinschaftlichen Anlagen und zu Ruhezeiten. All dies deutet auf eine heimtypische Organisation hin.

Wenn eine Einheit, wie hier, nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dient, darf sie grundsätzlich nur zu Zwecken genutzt werden, die nicht dem Wohnen zuzuordnen sind. Um solche Zwecke ging es hier.

Die Nutzung der Teileigentumseinheiten als Unterkunft für Obdachlose war auch nicht deshalb unzulässig, weil die Einheiten in der Teilungserklärung als "Laden" bezeichnet waren. Aus der Teilungserklärung ging nicht eindeutig hervor, dass hiermit eine ausschließliche Zweckbestimmung verbunden sein sollte.

14. Verzögerte oder mangelhafte Sanierung: Haftet dafür die Wohnungseigentümergemeinschaft?

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft haftet nicht für Folgeschäden an Sondereigentum, wenn eine gebotene Sanierung des Gemeinschaftseigentums nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wird. Stattdessen sind je nach Sachlage die Eigentümer oder der Verwalter ersatzpflichtig.

Hintergrund

Die Klägerin hatte eine im Souterrain gelegene Wohnung erworben. Weil in der Wohnung infolge einer schadhaften Abdichtung Feuchtigkeit eindringen und aufsteigen konnte, beschlossen die Wohnungseigentümer im Dezember 2008 die Sanierung. Nach nochmaliger Beschlussfassung im November 2009 wurden die Sanierungsarbeiten schließlich ausgeführt. Im September 2011 traten diverse Mängel im Bereich der Wohnung zu Tage, darunter feuchte Stellen und andere Mängel am neu verlegten Parkett.

Die Klägerin verlangte von der Gemeinschaft Schadensersatz für die Anmietung einer Ersatzwohnung und die Einlagerung von Möbeln, da sie die Wohnung aufgrund der Sanierungsarbeiten in den Jahren 2009 bis 2012 nicht nutzen konnte.

Entscheidung

Vor dem Bundesgerichtshof scheiterte die Klägerin. Die Richter entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte. Denn diese ist nicht der richtige Anspruchsgegner. Das gilt selbst dann, wenn die Miet- und Lagerungskosten auf eine verspätete Beschlussfassung über die erforderliche Sanierung des Gemeinschaftseigentums oder auf eine fehlerhafte Durchführung des Beschlusses über die Sanierungsmaßnahmen zurückzuführen sein sollten. Die Gemeinschaft war nicht Schuldner eines Schadensersatzanspruchs.

Wenn ein einzelner Wohnungseigentümer Schäden an seinem Sondereigentum erlitten hat, weil eine Beschlussfassung über eine Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums unterblieben ist, können nur die übrigen Wohnungseigentümer zum Schadensersatz verpflichtet sein, nicht aber die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Ist die Willensbildung dagegen erfolgt und ein Beschluss gefasst worden, der jedoch nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird, kann sich nur eine Ersatzpflicht des Verwalters ergeben, denn dieser ist gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft berechtigt und verpflichtet, die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen.

15. Atembeschwerden durch Tonerstaub ist keine berufsbedingte Erkrankung

Tonerstaub aus Kopierern und Druckern wird nicht als Ursache einer Berufskrankheit anerkannt, da deren gesundheitsschädliche Wirkung nicht generell nachgewiesen ist.

Hintergrund

Der Kläger war fast 4 Jahre in einem Kopierraum tätig. In dem 30 m² großen Raum erledigte er täglich Kopier- und Druckaufträge im Umfang von 5.000 bis 10.000 Blatt. Mit der Zeit litt er zunehmend an Atembeschwerden. Er vermutete deshalb, dass die Krankheit sich berufsbedingt entwickelt hatte und beantragte die Anerkennung als Berufskrankheit. Der Sozialversicherungsträger ließ ein medizinisches Gutachten erstellen und den Arbeitsplatz untersuchen. Letztendlich lehnte er die Anerkennung ab.

Entscheidung

Das Landessozialgerichts lehnte die Anerkennung einer Berufskrankheit ab. Grund dafür war u. a. ein weiteres Sachverständigengutachten. Welchen Stoffen der Betroffene genau ausgesetzt war, ließ sich allerdings nicht mehr nachweisen. Der Arbeitsplatz, an dem der Mann gearbeitet hatte, war in der Zwischenzeit umgestaltet worden. Deshalb konnte keine Analyse vor Ort mehr durchgeführt werden. Einen arbeitsplatzbezogenen Inhalationstest zum Nachweis einer allergischen Reaktion hatte der Kläger zudem verweigert.

Schon vor seiner Tätigkeit im Kopierraum litt der Kläger saisonal an Heuschnupfen. In einem ärztlichen Gutachten von 2004 hieß es, dass eine Verschlimmerung der Asthmaerkrankung durch die berufliche Tätigkeit als Vervielfältiger möglich war. Allerdings ist davon auszugehen, dass nicht der Tonerstaub, sondern vor allem feine und ultrafeine Staubpartikel eine reizende Wirkung auf die über Jahre hinweg chronisch entzündlich veränderten Schleimhäute der oberen und unteren Atemwege hatten. Eine solche Erkrankung gibt es in der Liste der Berufskrankheiten jedoch nicht.



Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung,

Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de